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An anthology of German literature Part 78

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+Der Konig in Thule.+

Es war ein Konig in Thule Gar treu bis an das Grab, Dem sterbend seine Buhle Einen goldnen Becher gab.

Es ging ihm nichts daruber, 5 Er leert' ihn jeden Schmaus; Die Augen gingen ihm uber, So oft er trank daraus.

Und als er kam zu sterben, Zahlt' er seine Stadt' im Reich, 10 Gonnt' alles seinem Erben, Den Becher nicht zugleich.

Er sa.s.s beim Konigsmahle, Die Ritter um ihn her, Auf hohem Vatersaale, 15 Dort auf dem Schloss am Meer.

Dort stand der alte Zecher, Trank letzte Lebensglut, Und warf den heilgen Becher Hinunter in die Flut. 20

Er sah ihn sturzen, trinken, Und sinken tief ins Meer.

Die Augen taten ihm sinken; Trank nie einen Tropfen mehr.

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_From 'Prometheus,' Act 3: The t.i.tan's defiance._

Bedecke deinen Himmel, Zeus, Mit Wolkendunst, Und ube, dem Knaben gleich, Der Disteln kopft, An Eichen dich und Bergeshohn; 5 Musst mir meine Erde Doch la.s.sen stehn, Und meine Hutte, die du nicht gebaut, Und meinen Herd, Um dessen Glut 10 Du mich beneidest.

Ich kenne nichts armeres Unter der Sonn', als euch, Gotter!

Ihr nahret k.u.mmerlich Von Opfersteuern 15 Und Gebetshauch Eure Majestat, Und darbtet, waren Nicht Kinder und Bettler Hoffnungsvolle Toren. 20

Da ich ein Kind war, Nicht wusste wo aus noch ein, Kehrt' ich mein verirrtes Auge Zur Sonne, als wenn druber war'

Ein Ohr, zu h.o.r.en meine Klage, 25 Ein Herz, wie meins, Sich des Bedrangten zu erbarmen.

Wer half mir Wider der t.i.tanen ubermut?

Wer rettete vom Tode mich, 30 Von Sclaverei?

Hast du nich alles selbst vollendet, Heilig gluhend Herz?

Und gluhtest jung und gut, Betrogen, Rettungsdank 35 Dem Schlafenden da droben?

Ich dich ehren? Wofur?

Hast du die Schmerzen gelindert Je des Beladenen?

Hast du die Tranen gestillet 40 Je des Geangsteten?

Hat nicht mich zum Manne geschmiedet Die allmachtige Zeit Und das ewige Schicksal, Meine Herren und deine? 45

Wahntest du etwa, Ich sollte das Leben ha.s.sen, In Wusten fliehen, Weil nicht alle Blutentraume reiften? 50

Hier sitz' ich, forme Menschen, Nach meinem Bilde Ein Geschlecht, das mir gleich sei, Zu leiden, zu weinen, Zu geniessen und zu freuen sich, 55 Und dein nicht zu achten, Wie ich!

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_From the 'Sufferings of Young Werther': Werther's communion with the All._

Am 10 Mai.

Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenommen, gleich den sussen Fruhlingsmorgen, die ich mit ganzem Herzen geniesse. Ich bin allein und freue mich meines Lebens in dieser Gegend, die fur solche Seelen geschaffen ist wie die meine. Ich bin so glucklich, mein Bester, so ganz in dem Gefuhle von ruhigem Dasein versunken, da.s.s meine Kunst darunter leidet. Ich konnte jetzt nicht zeichnen, nicht einen Strich, und bin nie ein grosserer Maler gewesen als in diesen Augenblicken. Wenn das liebe Tal um mich dampft, und die hohe Sonne an der Oberflache der undurchdringlichen Finsternis meines Waldes ruht, und nur einzelne Strahlen sich in das innere Heiligtum stehlen, ich dann im hohen Grase am fallenden Bache liege, und naher an der Erde tausend mannichfaltige Graschen mir merkwurdig werden; wenn ich das Wimmeln der kleinen Welt zwischen Halmen, die unzahligen unergrundlichen Gestalten der Wurmchen, der Muckchen naher an meinem Herzen fuhle, und fuhle die Gegenwart des Allmachtigen, der uns nach seinem Bilde schuf, das Wehen des Allliebenden, der uns in ewiger Wonne schwebend tragt und erhalt; mein Freund! wenn's dann um meine Augen dammert, und die Welt um mich her und der Himmel ganz in meiner Seele ruhen wie die Gestalt einer Geliebten; dann sehne ich mich oft und denke: ach konntest du das wieder ausdrucken, konntest du dem Papiere das einhauchen, was so voll, so warm in dir lebt, da.s.s es wurde der Spiegel deiner Seele, wie deine Seele ist der Spiegel des unendlichen Gottes! --Mein Freund-- Aber ich gehe daruber zu Grunde, ich erliege unter der Gewalt der Herrlichkeit dieser Erscheinungen.

_Homer as an anodyne for a sick heart._

Am 13. Mai.

Du fragst, ob du mir meine Bucher schicken sollst? --Lieber, ich bitte dich um Gottes willen, la.s.s mir sie vom Halse! Ich will nicht mehr geleitet, ermuntert, angefeuert sein, braust doch dieses Herz genug aus sich selbst; ich brauche Wiegengesang, und den habe ich in seiner Fulle gefunden in meinem Homer. Wie oft lull' ich mein emportes Blut zur Ruhe, denn so ungleich, so unstat, hast du nichts gesehen als dieses Herz.

Lieber! brauch' ich dir das zu sagen, der du so oft die Last getragen hast, mich vom k.u.mmer zur Ausschweifung und von susser Melancholie zur verderblichen Leidenschaft ubergehen zu sehen? Auch halte ich mein Herzchen wie ein krankes Kind; jeder Wille wird ihm gestattet. Sage das nicht weiter, es gibt Leute, die mir es verubeln wurden.

_Werther excited by the reading of Ossian._

Am 12. October.

Ossian hat in meinem Herzen den Homer verdrangt. Welch eine Welt, in die der Herrliche mich fuhrt! Zu wandern uber die Heide, umsaust vom Sturmwinde, der in dampfenden Nebeln die Geister der Vater im dammernden Lichte des Mondes hinfuhrt. Zu h.o.r.en vom Gebirge her im Gebrulle des Waldstroms halb verwehtes achzen der Geister aus ihren Hohlen, und die Wehklagen des zu Tode sich jammernden Madchens, um die vier moosbedeckten grasbewachsenen Steine des Edelgefallnen, ihres Geliebten.

Wenn ich ihn dann finde, den wandelnden grauen Barden, der auf der weiten Heide die Fussstapfen seiner Vater sucht, und ach! ihre Grabsteine findet, und dann jammernd nach dem lieben Sterne des Abends hinblickt, der sich ins rollende Meer verbirgt, und die Zeiten der Vergangenheit in des Helden Seele lebendig werden, da noch der freundliche Strahl den Gefahren der Tapferen leuchtete, und der Mond ihr bekranztes siegruckkehrendes Schiff beschien. Wenn ich den tiefen k.u.mmer auf seiner Stirn lese, den letzten verla.s.senen Herrlichen in aller Ermattung dem Grabe zu w.a.n.ken sehe, wie er immer neue schmerzlich gluhende Freuden in der kraftlosen Gegenwart der Schatten seiner Abgeschiedenen einsaugt, und nach der kalten Erde, dem hohen wehenden Grase niedersieht und ausruft: Der Wanderer wird kommen, kommen, der mich kannte in meiner Schonheit, und fragen: Wo ist der Sanger, Fingals trefflicher Sohn? Sein Fusstritt geht uber mein Grab hin, und er fragt vergebens nach mir auf der Erde. --O Freund! Ich mochte gleich einem edlen Waffentrager das Schwert ziehen, meinen Fursten von der zuckenden Qual des langsam absterbenden Lebens befreien und dem befreiten Halbgott meine Seele nachsenden.

_Werther in the depths of despair._

Am 3. November.

Weiss Gott! ich lege mich so oft zu Bette mit dem Wunsche, ja manchmal mit der Hoffnung, nicht wieder zu erwachen; und morgens schlage ich die Augen auf, sehe die Sonne wieder und bin elend. O da.s.s ich launisch sein konnte, konnte die Schuld aufs Wetter, auf einen Dritten, auf eine fehlgeschlagene Unternehmung schieben, so wurde die unertragliche Last des Unwillens doch nur halb auf mir ruhen. Wehe mir! ich fuhle zu wahr, da.s.s an mir allein alle Schuld liegt--nicht Schuld! Genug, da.s.s in mir die Quelle alles Elendes verborgen ist, wie ehemals die Quelle aller Seligkeiten. Bin ich nicht noch eben derselbe, der ehemals in aller Fulle der Empfindung herumschwebte, dem auf jedem Tritte ein Paradies folgte, der ein Herz hatte, eine ganze Welt liebevoll zu umfa.s.sen? Und dies Herz ist jetzt tot, aus ihm fliessen keine Entzuckungen mehr, meine Augen sind trocken, und meine Sinne, die nicht mehr von erquickenden Tranen gelabt werden, ziehen angstlich meine Stirn zusammen. Ich leide viel, denn ich habe verloren was meines Lebens einzige Wonne war, die heilige Kraft, mit der ich Welten um mich schuf; sie ist dahin! --Wenn ich zu meinem Fenster hinaus an den fernen Hugel sehe, wie die Morgensonne uber ihn her den Nebel durchbricht und den stillen Wiesengrund bescheint, und der sanfte Fluss zwischen seinen entblatterten Weiden zu mir herschlangelt,--o! wenn da diese herrliche Natur so starr vor mir steht wie ein lackiertes Bildchen, und alle die Wonne keinen Tropfen Seligkeit aus meinem Herzen herauf in das Gehirn pumpen kann, und der ganze Kerl vor Gottes Angesicht steht wie ein versiegter Brunnen, wie ein verlechter Eimer. Ich habe mich oft auf den Boden geworfen und Gott um Tranen gebeten, wie ein Ackersmann um Regen, wenn der Himmel ehern uber ihm ist, und um ihn die Erde verdurstet.

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_From 'Letters from Switzerland.'_[1]

Frei waren die Schweizer? frei diese wohlhabenden Burger in den verschlossenen Stadten? frei diese armen Teufel an ihren Klippen und Felsen? Was man dem Menschen nicht alles weiss machen kann! Besonders wenn man so ein altes Marchen in Spiritus aufbewahrt. Sie machten sich einmal von einem Tyrannen los und konnten sich in einem Augenblick frei denken; nun erschuf ihnen die liebe Sonne aus dem Aas des Unterdruckers einen Schwarm von kleinen Tyrannen durch eine sonderbare Wiedergeburt.

Nun erzahlen sie das alte Marchen immer fort, man hort bis zum uberdruss: sie hatten sich einmal frei gemacht und waren frei geblieben.

Und nun sitzen sie hinter ihren Mauern, eingefangen von ihren Gewohnheiten und Gesetzen, ihren Fraubasereien und Philistereien, und da draussen auf den Felsen ist's auch wohl der Muhe wert von Freiheit zu reden, wenn man das halbe Jahr vom Schnee wie ein Murmeltier gefangen gehalten wird.

Pfui! wie sieht so ein Menschenwerk und so ein schlechtes notgedrungenes Menschenwerk, so ein schwarzes Stadtchen, so ein Schindel- und Steinhaufen, mitten in der grossen herrlichen Natur aus! Grosse Kiesel- und andere Steine auf den Dachern, da.s.s ja der Sturm ihnen die traurige Decke nicht vom Kopfe wegfuhre, und den Schmutz, den Mist! und staunende Wahnsinnige! --Wo man den Menschen nur wieder begegnet, mochte man von ihnen gleich davon fliehen.

Da.s.s in den Menschen so viele geistige Anlagen sind, die sie im Leben nicht entwickeln konnen, die auf eine bessere Zukunft, auf ein harmonisches Dasein deuten, darin sind wir einig, mein Freund, und meine andere Grille kann ich auch nicht aufgeben, ob du mich gleich schon oft fur einen Schwarmer erklart hast. Wir fuhlen auch die Ahnung korperlicher Anlagen, auf deren Entwickelung wir in diesem Leben Verzicht tun mussen: so ist es ganz gewiss mit dem Fliegen. So wie mich sonst die Wolken schon reizten, mit ihnen fort in fremde Lander zu ziehen, wenn sie hoch uber meinem Haupte wegzogen, so steh' ich jetzt oft in Gefahr, da.s.s sie mich von einer Felsenspitze mitnehmen, wenn sie an mir vorbeiziehen. Welche Begierde fuhl' ich, mich in den unendlichen Luftraum zu sturzen, uber den schauerlichen Abgrunden zu schweben und mich auf einen unzuganglichen Felsen niederzula.s.sen. Mit welchem Verlangen hol' ich tiefer und tiefer Atem, wenn der Adler in dunkler blauer Tiefe, unter mir, uber Felsen und Waldern schwebt, und in Gesellschaft eines Weibchens um den Gipfel, dem er seinen Horst und seine Jungen anvertraut hat, grosse Kreise in sanfter Eintracht zieht.

Soll ich denn nur immer die Hohe erkriechen, am hochsten Felsen wie am niedrigsten Boden kleben, und wenn ich muhselig mein Ziel erreicht habe, mich angstlich anklammern, vor der Ruckkehr schaudern und vor dem Falle zittern?

[Notes: 1: The _Briefe aus der Schweiz_, in two parts, were first published in 1808 as an 'appendix' to _Werther_. They were said to be 'from Werther's papers.' In substance and sentiment, if not in form, they reproduce real letters written by Goethe in his youth.]

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